Schottertag oder auch: Uebermut ist geil! Völlig subjektiver Bericht.

Ein Beispiel, was man mit einer BSE (Big Size Enduro) alles anstellen kann ... Bilder und Text stehen nur insofern im Zusammenhang, als es sich um dieselbe Maschine und denselben Fahrer handelt, Phototermin und Ereignis sind unabhängig voneinander.

Die Fahrtwindtour/3 in die Seealpen, Pfingsten 1998, war der äußere Rahmen für diesen Tag. Ausgangspunkt Sospel, ein kleiner Ort nordöstlich von Nizza, wo Helmut eine nette kleine Herberge aufgetrieben hatte. Heute dabei: Peter R. (Honda African Twin), Peter D. (BMW GS 1100) als Gast, Helmut (BMW GS 100), Stephan (Triumph Tiger), Claudia (Honda Transalp), Alex S. (Yamaha XS550), Falk (Triumph Trident). Ganz unterschiedliche Moppeds, ganz unterschiedliche Temperamente.

Col de Tende rauf, Trident voran, Tiger direkt hinterher, fast identische Motoren, praktisch im Gleichschritt den Berg hinan (nett!), oben kurz auf den Rest warten und dann querab in die Pampa, Autobahnschotter (Aussage Falk) hügelabwärts, Tigerchens erster Auftritt auf Schotter, erstes Angewöhnen, rennt schön.

Ein Bergdörfchen, Anlieger frei, sind wir doch, 25% abwärts, Kopfsteinpflaster, eng. Dorfplatz, die Leute gucken erstaunt, am anderen Ende sehe ich einen Ausgang, Kopfsteinpflaster, enger, gerade so passen die Maschinen noch durch, steil hoch, oben 90 Grad links, ein Kirchplatz öffnet sich - und Ende. Gelächter, wo sind wir denn hier gelandet!? Claudia dreht als erste um und wieder weg, wir hören noch ihr "WAAAHHHH", kurz darauf kommt Falk an.

Kleine Pause, Dorf verlassen, die anderen voran den Berg hinab, ich coaste (lasse ohne Motor rollen) abwärts, gucke Landschaft, Peter wartet an einem Abzweig auf mich etwas versteckt, denkt "Den höre ich ja ..." ... denkste. Im letzten Moment sieht er mich, als ich schon vorbei bin, hupt mir hinterher. Kehrt und weiter abwärts, Italien, Blumenmauern, hübschhübsch, Fronkreisch again, Pause, Cafe, Picknick einkaufen, Tanken. Wir treffen Alex (BMW R100), Frank (BMW R1100RT), Susanne (Yamaha 600 Diversion), Lutz (Kawasaki ZZR 900) und Ralf (Yamaha 900), die Kanu fahren wollen.

Peter R. überfährt eine Ringelnatter, alles guckt; Suche nach Schotterweg, gefunden, aber Peter R. hält am Bach, Helmut und Claudia dazu: "Stephan, Du bist doch schnell, hol mal die anderen zurück!" Ah ja. Braaaahhhhhh! Steine fliegen hinten raus, Tigerchen peitscht voran, Falk und Alex sind schnell eingeholt, aber wie kriege ich Peter mit der GS? Mehr Braaahhhhhh!

Abstimmung, Picknick oben oder jetzt? Na gut, jetzt. Bester französischer Rohmilch-Stinkekäse, große Scheiben Kochschinken, Baguette, Wasser. Sonne und Schatten, Vögel zwitschern, der Bach plätschert, Plaudern und Lachen, Gruß an die daheimgebliebenen.

Weiter. Peter D, Helmut und ich geben den anderen gut Vorsprung, dann hinterher. Braaaaahhhhh! In einer Schotterserpentine hat Peter D. seine GS 1100 gerade wieder aufgerichtet, als Helmut und ich ihn finden, das Vorderrad war weggegangen; den Blinker sammeln wir in Teilen auf, als er schon wieder davongehetzt ist, geben wir ihm oben. Helmut und ich gucken uns an, aha, Schalbers Endurotraining schützt also auch nicht vor Stürzen, das kratzt am Ego. Egal, hinterher: Kurz vorsichtig voran, dann wieder Braaaahhhhhh, im Stand über den Lenker gebeugt, Knie federn, Tigerchen lernt fliegen, wird zum Pegasus, Sprünge von 2 Metern und mehr, wie geil! Adrenalin pur, wer braucht schon Drogen??? Erkenntnis: Auf Schotter lenkt man ab einer gewissen Geschwindigkeit mit Hinterrad und Gasgriff. Peter D. und ich überholen alle anderen, Helmut bewahrt die Vernunft, bleibt Letzter und sammelt Teile ein.

Dieser Tag versöhnt mich mit der Tiger - Fahrwerksschwächen zwar bei scharfer Paßfahrt, aber als BSE auf Schotter großartig. Die weichen Gabelfedern bleiben drin, das ist schließlich 'ne Enduro! Und was für eine! Auch Peter's Fazit wird sein, daß er sich mit der GS 1100 versöhnt hat, obwohl sie ihm zu schwer ist.

Ein langes Stück gemütlicher, solch ein Sturmwirbel fordert Konzentration, schließlich wieder Asphalt, Einbahnstraße den Pass hinan. Oberhalb ein Fort, Helmut zeigt hoch und setzt zur (ein wenig) trialartigen Anfahrt an. Watt mutt, datt mutt, also hinterher. Peter D. sieht uns, der Rest zieht vorbei, Peter D. kommt nach und wirft die GS 1100 ganz oben wieder um - Helmut hatte die GS 100 wohlweislich ein paar Meter unterm Gipfel abgestellt, aber Tigerchen stand am Gipfel (zugegeben, war mühsam), da mußte Peter D. auch hin. Platsch. Zu schwer, das Teil, zu kurze Beine, der Mann.

Wunderbar hier oben, traumhafter Blick, angenehm kühl, die Ruine eines deutschen Weltkriegsforts (gute Gelegenheit zum Klettern), hier Picknick wäre wunderbar, doch die anderen liegen schon im nächsten Dorf auf der Mauer und sonnen sich.

Coasting den Berg hinab, Peter R. und Helmut überholen rollenderweise einen Kleinwagen, so ist's schee ... Peter R. geht eine Kurve zu schnell an, bremst scharf, das Hinterrad geht weg, Peter löst die Bremse, Rad greift wieder - und die AT schlägt um, klassischer Highsider ins Gebüsch. O-Ton Peter nach dem Aufstehen: "Was habe ich denn jetzt schon wieder falsch gemacht?"

Unten noch'n Saft und Cafe, schon wieder Pause, dann in der Sonne weiter. Mein Fehler des Tages: Diesmal kontrolliere ich den Spanngurt nicht, mit dem ich Pullover und Lederweste am Gepäckträger befestigt hatte. Lehre des Tages: Gepäck immer sehr gut befestigen!

Wegen der Sonne fahre ich zunächst ärmellos, tuckere brav hinterher, dann lockt der Teufel im Ohr wieder. Klamotten an, Jacke, Handschuhe, und LOS! Uih, die haben Vorsprung inzwischen! Ah, da ist Alex S., mit seiner dicken Yamaha tuckert er überallhin mit, 15-20km/h und stoisch durch. Aufholen, dann BRRRRRAAAAAAHHHHHHHHH, schnell vorbei, kleine Steinschanze im Weg, ein Sprung und SCHLAG - ich denke, jetzt hat's den Hinterreifen erwischt, schon im Flug weiß ich, das geht schief, keine Seitenführung bei der Landung, zack liegt die Tiger vor mir, wir rutschen 15-20 Meter im Schotter. Aufrappeln, Benzinhahn zu, ich gucke und will sie aufrichten - SCHEISSE! Der Reifen ist ok, aber mein Lieblingspullover und meine schöne Lederweste, ein Erbstück meines Vaters, haben sich in die Kette gewickelt. ich vermute, ich bin nach dem Sprung schon mit stehendem Hinterrad gelandet und da ich ein klein wenig quer sprang, war kein Halten.

Alex S. hilft mir aufrichten, in einer längeren Aktion ziehen wir Pullover und Weste aus Kette und Kettenrad, währenddessen läuft mein Blut vom Knie in den Stiefel, das kitzelt. Die Wunde ist aber nur oberflächlich, wenn auch schmerzhaft, und auch Tigerchen ist fast nichts passiert, erstaunlich.

Langsam weiter, noch ca 40km Schotter und frostzerfressener Asphalt, jeder Hubbel schmerzt; irgendwann dann ein Dorf und ein Arzt, Helmut und Peter D. bleiben dabei (Danke!), der Rest fährt vor nach Hause. Arzt reinigt die Wunde, das brennt, aber danach ist der Schmerz viel geringer, ansonsten alles ok, beruhigend. 150FF, am nächsten Tag noch die aufgeschriebenen Medikamente für 98FF gekauft.

Rückfahrt, zum Schluß auf gutem Pass lassen wir's nochmal krachen, kacheln rauf und runter, zum drittenmal kocht mir die Hinterradbremse ... kennt Ihr den Motomania-Comic mit den beiden Alten, die Fullspeed um die Kurven heizen und sich danach gegenseitig vom Mopped helfen, weil's Gebrechen schmerzt? So ungefähr fühlte ich mich beim Absteigen.

Welch ein Tag. alles in allem voll geil, ey! Daß es leichte Verluste geben könnte, war uns von vornherein klar, also was soll's?

Stephan


Hits seit dem Umzug am 1.4.1999: Letztes Schraubdatum: 29.03.1999.


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